Politisches System in Russland

Nach dem Ende der Sowjetunion im Jahre 1991 entstand die Russische Föderation als neues Staatsgebilde. Im Zuge dieser Entwicklung erfuhr auch das politische und wirtschaftliche System einen tiefgreifenden Transformationsprozess. Mit Boris Jelzin als ersten Präsidenten, der, im Gegensatz zu Michail Gorbatschow und er Sowjetführung, bereits 1990 für radikaldemokratischer Reformen eintrat, wurde in der ersten Phase dieser Umgestaltung vor allem die Einführung einer marktwirtschaftlichen Ordnung in Angriff genommen. Diese Phase von 1991 bis 1993 war jedoch geprägt von Spannungen zwischen dem Präsidenten und dem Volkskongress bzw. dem Obersten Sowjet ( Parlamente ), welche sich gegen den harten Reformkurs des Präsidenten stellen wollten. Der Konflikt mündete schließlich 1993 in einem Verbot dieser Institutionen durch Jelzin. Als sich der Oberste Sowjet allerdings gegen den Beschluss wehrte, ließ der Präsident das Parlament durch das Militär gewaltsam auflösen.

Im Anschluss daran wurde eine neue Verfassung verabschiedet und durch ein eilig durchgeführtes Plebiszit demokratisch legitimiert, in welcher der Präsident eine besonders stark Stellung innehat. Im Vergleich zum deutschen Bundespräsidenten besitzt das russische Staatsoberhaupt eine sehr große Machtfülle. So ist der Präsident auch Oberbefehlshaber der Streitkräfte, ernennt und entlässt den Regierungschef (= Ministerpräsident), verfügt über ein Vetorecht gegen von der Duma (=Parlament) erlassene Gesetze und kann mittels Erlasse und Dekrete (=Ukasse) unabhängig von dieser regieren. Sowohl Jelzin als auch sein Nachfolger Wladimir Putin nutzen ihre Befugnisse und Kompetenzen, um den Einfluss der gewählten Volksvertretung und der Regionen zu beschränken. In diesem Zusammenhang ist immer wieder von der so genannten «gelenkten Demokratie» die Rede, welche aber zunehmend autokratische Züge annimmt.

Seit 2008 hat Russland mit dem Sankt Petersburger Juristen Dimitri Medwedjew einen neuen Präsidenten, der zum Nachfolger von Präsident Putin gewählt wurde. Dieser übernahm das Amt des Ministerpräsidenten, da er gemäß der Verfassung nur zwei Amtszeiten hintereinander als Staatspräsident regieren darf. Allerdings wird gemutmaßt, dass Putin bald wieder in das höchste Staatsamt zurückkehren möchte und Medwedjew nur eine Zwischenlösung ist. Der Eindruck verstärkte sich während des Krieges in Georgien im August 2008, als Putin unmittelbar nach Beginn der Kampfhandlungen wie ein Präsident agierte, während Medwedjew sich noch nicht äußerte.

Eine weitere Maßnahme, die die Spekulationen um Putins Comeback und einem frühzeitigen Rücktritt Medwedjews nährt, ist die erst vor kurzem beschlossene Verlängerung der Amtszeit des Präsidenten auf sechs Jahre. Im Zuge der Finanzkrise sieht sich das System Putin aber auch mit wachsendem Protest der Bevölkerung konfrontiert, so dass die Bewältigung der Krise für seine Regierung eine ernste und existentielle Bewährungsprobe darstellt.